Sandmücken und Leishmaniose

Die medizinische Bedeutung von Sandmücken, abgesehen von Leishmaniose

 


 Sandmücken übertragen Viren

 1886 lieferte Pick die erste, sehr genaue Beschreibung einer 'eigenthümlichen endemischen Krankheitsform' aus Herzegowina (Ex-Jugoslawien), die heute unter dem Namen Pappataci-Fieber bekannt ist. 1905 beobachtete Taussig, daß das zeitliche Auftreten dieser Infektionskrankheit in Zusammenhang mit der Anwesenheit der Stechmücke 'Papadatschi' steht. Doerr et al. wiesen dann 1909 experimentell nach, daß die Sandmückenart Ph. papatasi der Vektor dieser Krankheit ist. Somit war das Pappataci-Fieber die erste humanpathogene Krankheit, von der bekannt wurde, daß sie durch den Stich von Sandmücken übertragen wird. Wie Phlebotomen sich mit dem Pappataci-Fiebervirus infizieren, ist bis heute nicht völlig geklärt. Das Virus hält sich in interepidemischen Perioden nicht im Menschen auf. Es wird angenommen, daß sich die Sandmückenlarven beim Fressen von Faeces anderer Sandmücken oder von toten Weibchen infizieren. Ph. papatasi kann das Virus auch transovariell auf die nächste Generation übertragen.

 Das Pappataci-Fieber ist berüchtigt als 'an important war disease'. 1943 beschrieben Cullinan & Whittaker eindrucksvoll den Ausbruch dieser Krankheit in zwei Militärkrankenhäusern im Mittleren Osten während des Zweiten Weltkrieges. Neben dem 'historischen' Pappataci-Virus sind heute weltweit zahlreiche weitere Viren bekannt, die durch Sandmücken übertragen werden. So ist Ph. major (heute als Ph. neglectus bekannt) der Vektor des Korfu-Virus (Fam.: Bunyaviridae) in Griechenland. Das Toskana- und das Arbia-Virus (Fam.: Bunyaviridae) wurden aus Ph. perniciosus und Ph. perfiliewi in Italien isoliert, das Toskana-Virus wurde auch in der Fledermausart Pipistrellus kuhli nachgewiesen. In Laborexperimenten wurde demonstrieret, daß ein transovariell infiziertes Ph. perniciosus- Männchen das Toskana-Virus bei der Kopulation auf ein nicht infiziertes Weibchen übertragen kann. In Serbien (Jugoslawien) wurde das Jug Bogdanova-Virus (Fam.: Rhabdoviridae) aus Ph. perfiliewi isoliert. Antikörper gegen dieses Virus wurden im Menschen und in Haustieren gefunden. Ebenfalls zur Familie der Rhabdoviridae gehören die 'Vesicular Stomatitis Viren'. Diese Viren werden in der Neuen Welt durch zahlreiche Sandmückenarten des Genus Lutzomyia auf Mensch, Vieh und Pferde übertragen.

 

 Sandmücken übertragen die Carrión's Disease

 'Carrión's Disease' oder 'Bartonellose' kommt in den bergigen Regionen feuchter Regenwälder in Höhenlagen zwischen 600 - 2'450 m in Kolumbien, Ecuador, Peru, Chile, Bolivien und Guatemala vor. 'Carrión's Disease' erscheint in zwei unterschiedlichen klinischen Formen (biphasische Formen). Das 'Oroya Fever' verläuft als schweres, in 40 - 90% der unbehandelten Fälle tödlich endendes Fieber mit Anämie. Die Inkubationszeit beträgt 21 Tage. 'Verruga peruana' ist eine gutartig verlaufende Hautkrankheit, die durch haemangiome Knoten der Haut charakterisiert ist. Die Inkubationszeit beträgt hier mehr als einen Monat. Die schwere Form der 'Carrión's Disease' wurde mit dem Ausbruch einer Epidemie unter den Arbeitern bekannt, welche 1870 die Eisenbahnstrecke von Lima nach Oroya (Peru) bauten. Mehr als 7'000 Arbeiter starben bei dieser Epidemie. Seither trägt diese Krankheit den Namen 'Oroya Fever'. Carrión zeigte 1885 mit klassischen Experimenten (er infizierte sich selbst, und starb dann), daß Oroyafieber und 'Verruga peruana' gleicher Natur sind und vermutete, daß der Immunstatus darüber entscheidet, ob die Krankheit beim Menschen als leichte oder schwere Form zum Ausbruch kommt. 1914 beschrieb Townsend die Sandmückenart Phlebotomus verrucarum (heute:Lutzomyia verrucarum) als Vektor der 'Verruga peruana'. Einer seiner Assistenten entwickelte diese Krankheit nach 55 Stichen dieser Sandmückenart, die innerhalb eines Moskitonetzes stachen, nachdem diese die Maschen des Netzes passiert hatten. 1926 bewiesen Noguchi & Battistini die Gleichheit der Krankheitsformen, als sie das Proteobakterium Bartonella bacilliformis als 'ethiologische Ursache' beider Formen kultivierten. Epidemiologische Daten ließen 1947 Rozeboom vermuten, daßPhlebotomus columbianus (heute: Lutzomyia columbiana) und Ph. monticolus incarnum (heute: Lu. monticola) die Vektoren der Bartonellose in Kolumbien seien. Heute ist zweifelsfrei bewiesen, daß die Sandmücke Lutzomyia verrucarum in den Anden SüdamerikasBartonella bacilliformis, den Erreger der 'Carrión's Disease' auf den Menschen überträgt. Bei einer Oroyafieber-Epidemie 1987 im Parobamba-Distrikt (Peru) lag die Sterblichkeitsrate unbehandelter Fälle beim Menschen bei 88%. Die andauernde Aktualität dieser Krankheit zeigt der Ausbruch einer Bartonellose-Epidemie in Ecuador 1995 - 1996. Heute vermutet man, daß die menschliche Bartonellose eine Zoonose ist, mit Nagetieren als natürlichem Reservoirwirt.

 

 Sandmücken übertragen Trypanosomen

 Sandmücken können auch Trypanosomen übertragen. Feng & Chao zeigten bereits 1943, daß sich Trypanosoma bocagei in der Sandmücke Phlebotomus squamirostris (heute: Sergentomyia squamirostris) entwickelt. Nach weiteren Untersuchungen konnte festgestellt werden, daß diese Sandmückenart an Kröten, Eidechsen und Schlangen Blut saugt und als Vektor von T. bocagei der KröteBufo gargarizans fungiert. In Kalksteinhöhlen Belizes ist die zentralamerikanische Sandmückenart Lutzomyia disneyi der Vektor von T. leonidasdeanei bei insektivoren Fledermausarten. In Brasilien wurde T. rangeli aus Sandmücken des Subgenus Shannoni (Genus Lutzomyia) isoliert. Im Senegal wurden die SandmückenartenSergentomyia schwetzi, Se. clydei, Se. adleri, Se. squamipleuris und Se. africana magna des Genus Sergentomyia als natürlich mit Trypanosoma sp. infiziert nachgewiesen. Weil zumindest die Sandmückenarten Se. schwetzi und Se. clydei ein anthropophiles Blutsaugverhalten zeigen, wird als Konsequenz die Übertragung von Trypanosomen durch Sandmücken auch auf den Menschen diskutiert.

 Für den Mediterranen Raum konnte bewiesen werden, daß Sergentomyia minuta in Italien T. platydactyli auf den Gecko Tarentola mauritanica überträgt. In Indien steht Se. bailyi unter Verdacht,Trypanosoma leschenaultii auf die Geckoarten Hemidactylus frenatus und H. brooki zu übertragen.

 

 Sandmücken sind die Überträger von Plasmodien

 Sandmücken des Genus Lutzomyia sind Vektoren der Reptilienmalaria. Die Sandmückenarten Lutzomyia vexator und Lu. stewardi übertragen Plasmodium mexicanum auf die ZauneidechsenartenSceloporus occidentalis und Sc. undulatus. Die SandmückeLu. trinidadensis wird im feuchten Regenwald Panamas verdächtigt, Reptilienmalaria auf den Gecko Thecadactylus rapicauda zu übertragen.

 

 Sandmücken rufen Harara hervor

  

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